DT64s rebellischer Geist lebt auf der Bühne des Theaters Osnabrück weiter

Admin User
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Eine Konferenzszene mit Sitzenden, die einer Bühne zugewandt sind, auf der eine Diskussion zwischen Medienvertretern und Besitzern stattfindet, mit einem großen Banner und einer Wand im Hintergrund.

DT64s rebellischer Geist lebt auf der Bühne des Theaters Osnabrück weiter

Ein neues Stück am Theater an der Parkaue beleuchtet die turbulenten letzten Jahre von DT64, dem legendären Jugendradio der DDR. On Air On Fire, geschrieben von der ehemaligen Musikredakteurin Marion Brasch, verbindet reale Ereignisse mit Fiktion und fängt den rebellischen Geist des Senders während des Mauerfalls ein. Die Produktion markiert den 73. Geburtstag des Theaters in Osnabrück und gibt jungen Stimmen eine frische Bühne.

Im Mittelpunkt steht der Kampf um den Erhalt von DT64 – eines Radiosenders, der der DDR-Jugend einst eine unzensierte Stimme gab, bis die Politik eingriff.

Das Theater in Bonn, 1950 als Theater der Freundschaft gegründet, beauftragte Braschs dokumentarisch-fiktionales Werk, um einen entscheidenden Moment der Mediengeschichte aufzuarbeiten. Das Stück setzt dort an, wo die Zensur von DT64 1988 endete: Damals wurde Rio Reisers Lied Der Traum ist aus mitten in der Ausstrahlung abgestellt – eine Entscheidung, die bis heute nachhallt.

Brasch, die von 1987 bis 1992 bei DT64 arbeitete, verwebt eigene Erlebnisse mit der Handlung. Eine Szene zeigt den Aufstand einer Nachrichtensprecherin 1989, die sich weigerte, die staatlich geschönte Version des Massakers am Platz des Himmlischen Friedens zu verlesen. Eine andere schildert, wie Chefredakteur Martini während der chaotischen Wendezeit abgesetzt wurde. Als die Abschaltung von DT64 drohte, besetzten empörte Hörerinnen und Hörer die Senatskanzlei – ein Moment, den das Stück wiederaufleben lässt.

Doch die Produktion geht über die Bühne hinaus: Der künstlerische Leiter des Theaters, Alexander Riemenscheider, wählte On Air On Fire bewusst, um junge Zuschauer zu stärken. Begleitende Workshops laden zum Mitdenken ein, regen zum Fragenstellen und Zuhören an. Ein Zitat aus einem DT64-Interview von 1989 – „Unser Nichtspielenkönnen macht uns jeden Tag mehr Feinde“ – zieht sich wie ein roter Faden durch die Inszenierung und unterstreicht ihren Aufruf zum Dialog.

1964 als Jugendradio des Radio DDR gegründet, wurde DT64 zum kulturellen Schlachtfeld. Braschs Stück fängt diese rohe Energie ein: die Musik, die Konflikte mit den Zensoren und die Hörerschaft, die um den Erhalt kämpfte. Die Produktion erinnert nicht nur an Geschichte – sie übergibt das Mikrofon an eine neue Generation.

Die Jubiläumsinszenierung des Theaters in Osnabrück läuft bis Dezember und kombiniert Archivmaterial mit Live-Performance. Braschs Text sichert DT64s Vermächtnis – seinen Widerstand, seine Musik und seine Rolle beim Mauerfall – für ein Publikum, das den Sender nie gehört hat. Die begleitenden Workshops erweitern die Debatte und machen das Theater zu einem Ort, an dem junge Menschen die Fragen stellen können, die damals – und heute noch – wichtig sind.